Für Kurzentschlossene wird auch noch ein Tisch auf der "Bastlermesse" am Samstag ab 13 Uhr frei sein.
Interessenten melden sich aber trotzdem schnellstmöglich per eMail unter ovgiessen(at)aol.com an.
Weiter Informationen gibt es auf unser Homepage unter http://www.darc.de/f07/amateurfunktreffen.
Mit Astronauten plaudern
Gießener Allgemeine Zeitung 24.01.2017
Mit Astronauten plaudern
Ob der gute alte Amateurfunk im Zeitalter von Internet und Satellitentelefonie noch eine Bedeutung hat? Eindeutig ja, versichern die 110 Gießener im Ortsverein des Deutschen Amateur-Radio-Clubs. Sie widmen sich begeistert einem interessanten und technisch anspruchsvollen Hobby.
Wenn neben einem Wohnhaus oder in einem Garten eine Antennenanlage steht, die erkennbar nicht dem Empfang von Fernsehsignalen dient, dann weiß man: Hier wohnt ein Amateurfunker. Dessen Hobby ist weltweit verbreitet, der spanische König Juan Carlos ist einer der prominentesten Anhänger. Wer etwas Glück hat und den richtigen Moment erwischt, kann also zwanglos mit ihm ein wenig plaudern.
Allerdings darf nicht jeder einfach drauf los funken. Er muss zvor eine achtstündige Ausbildung absolvieren sowie eine schriftliche und praktische Prüfung absolvieren. Dann bekommt er von der Bundesnetzagentur eine Lizenz und ein persönliches, weltweit einzigartiges Amateurfunk-Rufzeichen. Dann braucht er noch ein Funkgerät, das ab 30 Euro aufwärts zu haben ist.
Für weltweite Verbindungen über Kurzwelle ist zusätzlich eine Antennenanlage notwendig, die aber durchaus aus einem Stück Draht bestehen kann. Gesendet werden darf nur in festgelegten Frequenzbereichen und mit bestimmten Sendeleistungen, die für den Amateurfunk freigegeben sind. Auf anderen Frequenzen könnten sonst etwa Luftfahrt, Militär oder Polizei gestört oder gar gefährdet werden. Wer dann an seinem Gerät sitzt und versucht, einen anderen Funker zu erreichen, kann es mitunter weit bringen. Sogar die Raumstation ISS ist erreichbar, fast jeder der Astronauten hat ebenfalls eine Amateurfunklizenz.
Wie weit die Funksignale reichen, hängt nicht nur von der Qualität der Ausstattung ab, sondern auch von der Wetterlage und von der Tageszeit, die die Ausbreitung der Wellen beeinflussen. »Es verlangt viel Erfahrung, um zur richtigen Zeit die richtige Frequenz zu erreichen«, weiß Prof. Volker Klingmüller, der Vorsitzende des Ortsvereins Gießen (F 07) im Deutschen Amateur-Radio-Club. Genau das aber mache den Reiz dieses Hobbys aus.
Begehrte QSL-Karten
»Nicht jeder Funkamateur hat die gleichen Interessen«, pflichtet ihm der Grünberger Georg Schiltz bei, der Öffentlichkeitsreferent im Vorstand ist. Die einen wollten möglichst viele QSL-Karten aus allen Teilen der Welt ergattern. Die senden sich die Funker sozusagen als Bestätigung zu, wenn sie miteinander Verbindung hatten. In Deutschland erfolgt die Verteilung dieser Karten über eine Sortieranlage in der DARC-Geschäftsstelle in Baunatal.»Unser Hobby hat also auch eine soziale Funktion«, merkt Klingmüller dazu an. Andere Funker widmen sich vor allem der Elektronik. Das gilt beispielsweise für die Gießener DARC-Mitglieder, die seit dem Vorjahr die Pohlheimer Adolf-Reichwein-Schule dabei unterstützen, wenn die Schüler im Physikunterricht zwecks Wetterbeobachtung einen Ballon bis in die Stratosphäre aufsteigen lassen.
»Das ist der eigentliche Sinn: Austesten, was man alles machen kann«, sagt dazu Georg Schiltz. Diesem Zweck und vor allem dem Erfahrungsaustausch dient auch der Amateurfunker-Flohmarkt, den der DARC-Ortsverein alljährlich am ersten März-Wochenende im Bürgerhaus Kleinlinden ausrichtet, das nächste Mal also am 4./5. März.
Technisch experimentieren können die Gießener Funker nicht nur daheim, sondern auch in ihrem Vereinsheim westlich von Fernwald-Steinbach. Diese Kuppe fernab von Wohnsiedlungen ist ein günstiger Sendestandort.
Vereinsheim bei Steinbach
Das Vereinsheim, zu dem eine Elektronikwerkstatt gehört, kann mit seinen zwei voll ausgestatteten Sendestationen auch jederzeit in den heimischen Katastrophenschutz eingebunden werden. Die Amateure könnten nämlich benötigt werden, wenn bei einem Ausfall der Stromzufuhr die modernen Kommunikationswege ausfallen. Das kann bei Katastrophen geschehen: Immer wieder hört man, dass bei Erdbeben oder Überschwemmungen Menschenleben durch Funkamateure gerettet wurden. Denn die kommen mit sehr geringer Energiezufuhr aus: Eine Autobatterie reicht für zwei bis drei Monate.
Ganz wenig Strom wird für das Morsen benötigt, das zudem störungssicher ist. Allerdings ist das Beherrschen des Morsealphabets schon lange keine Bedingung mehr für eine Funkerlizenz. »Das ist jetzt ein virtuelles Kulturerbe«, schmunzelt Volker Klingmüller.
Natürlich macht auch die moderne Technik vor den Funkamateuren nicht halt. Mit einem Smartphone können sie sich über das Internet in die nächstgelegene Relaisstation einwählen. Sogar während des Autofahrens ist das Funken erlaubt – im Gegensatz zum Telefonieren.
Das Hobby ist also für technikbegeisterte junge Leute durchaus attraktiv. »Trotzdem fehlt es leider am Nachwuchs«, bedauert Volker Klingmüller. Unter den gut 67 000 Funkamateuren in Deutschland ist der Altersdurchschnitt hoch; auch beim Gießener Ortsverein überwiegen Senioren. Umso stolzer sind sie darauf, dass kürzlich ein Zwölfjähriger die Lizenz erworben hat.
Auch als Nachwuchswerbung gedacht ist es deshalb, wenn der DARC-Ortsverein anlässlich seines 70-jährigen Bestehens am Wochenende vom 12. bis 14. Mai im Mathematikum den Amateurfunk präsentiert, etwa mit aktivem Funkbetrieb, Morsen für Anfänger, Bastelaktion und Wetterballon der Adolf-Reichwein-Schule.