Zu erwartende Störfeldstärken
Störfestigkeit von Empfangsfunkanlagen
Zu erwartende Störfeldstärken - Beitrag von Ulfried Ueberschar, DJ6AN
Bei elektromagnetischen Unverträglichkeiten kommt es immer wieder zu Missverständnissen, wenn zwischen Empfindlichkeit (Sensivity) einer betroffenen Empfangsfunkanlage und der Feldstärke zu erwartender elektromagnetischer Störungen als Grundlage einer Störfestigkeitsprüfung zu unterscheiden ist. Im folgenden Beitrag wird versucht, hierüber Transparenz zu verschaffen. Zudem werden Hard- und Softwaremöglichkeiten aufgezeigt, die es ermöglichen, die elektromagnetische Umgebung unserer Empfangsantennen mit den gesetzlich zu erwartenden elektromagnetischen Störungen (1) zu vergleichen.

1. Das DARC-Projekt ENAMS
Mit ENAMS (Electrical Noise Area Monitoring System) entsteht derzeit beim Deutschen Amateur-Radio-Club ein über Deutschland verteiltes Empfangssystem zur Erfassung der elektromagnetischen Umwelt im Frequenzbereich von 50 kHz bis 30 MHz. Flächendeckende Störfeldstärkemessungen werden von der Bundesnetzagentur (BNetzA) nach 2011 nicht mehr vorgenommen. Und auch die Befugnisse der Bundesnetzagentur „unter Abwägung der Interessen der Beteiligten“ dem Anwachsen des allgemeinen Störpegelsdurch die starke Verbreitung störender Elektronik in Wohn- und Gewerbegebieten entgegenzuwirken, sind leider nicht immer überzeugend erkennbar (Bild 2). Ausführliches über Anforderungen an einen Standort für eine ENAMS-Empfangsstation, sowie zu ausgewählten Dokumenten zum Thema ENAMS sind unter [1] aufrufbar.

Bild 2: Rauschzahlprotokoll, Man Made Noise kalibriert in dB über zu erwartender ITU-Rural-Umgebung. ENAMS-Anlage DARC in Albstadt, Baden-Württemberg, Wohngebiet, überwiegend Altbau, 23. März 2020. Messzeit 0200 UTC: blaue Kurve. Messzeit 0700 UTC: dunkelrote Kurve. Messzeit 1200 UTC: rosa Kurve. Messzeit 2000 UTC: grüne Kurve. Befund: Lokale elektromagnetische Umgebung für f < 17 MHz zum Kurzwellenempfang ganztägig untauglich
2. Hinweise und Messhilfen bei aktuellen Problemfällen
Für Funkamateure und SWL, die bei Problemen mit der elektromagnetischen Verträglichkeit von Betriebsmitteln in Erwägung ziehen, die Befugnisse der Bundesnetzagentur in Anspruch zu nehmen, könnten die folgenden Hinweise zum Vollzug gemäß § 2 EMVG, also des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln, von Bedeutung sein [2].
(a) für Funkgeräte und Bausätze, die von Funkamateuren nach § 2 Nummer 1 des Amateurfunkgesetzes [3] zusammengebaut werden und handelsübliche Geräte, die von Funkamateuren zur Nutzung durch Funkamateure umgebaut werden, finden nur die §§ 27 bis 32 EMVG entsprechende Anwendung.
(b) Werden jedoch Betriebsmittel im Sinne des § 1 EMVG auf dem Markt bereitgestellt, findet das Gesetz insgesamt Anwendung! Satz (b) schließt somit für die Schutzanforderungen nach § 7 Absatz 2 AFuG ein, dass die Feldstärke der nach § 4 Nummer 2 EMVG zu erwartenden elektromagnetischen Störungen entsprechend den Anforderungen des § 4 Nummer 1 der grundlegenden Anforderungen sichergestellt ist. Professionelle Feldstärkemessgeräte gehören zwar üblicherweise nicht zum Standardrepertoire einer Amateurfunkstelle, doch bieten schon kostengünstige Software definierte Radio-Empfänger wie der bei mir erprobte RSP1A (Bild 3) von SDRplay [4] aufgrund ihrer kalibrierten linearen Analog-/Digital-Wandlertechnologie eine praktische Möglichkeit zur Bewertung der Feldstärke der elektromagnetischen Umgebung der Stationsantenne. Erforderlich ist ein Laptop oder PC mit einem Tabellenkalkulationsprogramm wie Excel, Open Office, Libre Office oder Free Office nebst Anwendung „Noise-Test“ Version 5.0 (von DJ6AN) bzw. „NoiseReporter“ (von DL9KCE). Mehr hierzu im Abschnitt „Hilfsmittel zum Überprüfen der zu erwartenden elektromagnetischen Störungen“.

Bild 3: geöffneter RSP1A von SDRplay. Geschirmte USB 2.0 Typ B Einbaubuchse, 50-V-SMA-Buchse, Gehäuse innen metallisiert geschirmt gegen HF-Ein- und Ausstrahlungen
Was sind zu erwartende elektromagnetische Störungen?
In Drucksache 19/3837, Deutscher Bundestag vom 15.8.2018, [5] wird im Rahmen der Antwort auf die Kleine Anfrage über den „Schutz der Ressource elektromagnetische Umgebung“, im Abschnitt „Outdoor Rauschmessungen der BNetzA – Zusammenfassung der Ergebnisse“ – ausführlich über das gemäß Empfehlung ITU-R P.372 zu erwartende elektromagnetische Rauschen berichtet, das von der Antenne einer Empfangsfunkanlage als „externes Rauschen“ aufgenommen wird.
Zitat: „Demnach kann das externe Rauschen aus folgenden Quellen kommen (Tabelle 1). Die zu erwartenden mittleren externen Rauschpegel sind in der ITU-Empfehlung P.372 in den 1970er Jahren überwiegend in den Vereinigten Staaten festgelegt worden. Sie werden bis heute in der Funknetzplanung verwendet. Die MMN-Pegel sind je nach elektromagnetischer Umgebung unterschiedlich. Es wird zwischen vier Umgebungskategorien unterschieden (Tabelle 2).“
Die derzeit aktuelle Ausgabe der Recommendation ITU-R P.372-14 (08/2019), Radio noise, P Series, Radiowave propagation steht kostenfrei im Internet zum Herunterladen zur Verfügung [6]. Sie beschreibt die zu erwartende durchschnittliche Leistung des elektromagnetischen Umgebungsrauschens als Man-made Noise und das kosmische Rauschen im Vergleich zum thermischen Rauschen Pn = k · T0 · b, die an einem verlustfreien kurzen vertikalen Monopol mit ideal geerdeter Ebene empfangen wird, mit der Rauschleistung Pn in Watt, der Boltzmann-Konstante k =1,38 · 10–23 J/K, der Referenztemperatur T0 = 290 K und der Messbandbreite b in Hertz. Die Pegelanzeige eines kalibrierten Software Defined Radio (SDR) ist aus diesem Grund in NoiseTest 5.0 bzw. NoiseReporter als Effektivwert in dBm einzugeben. (In der englischen Sprache wird der Effektivwert mit RMS als Abkürzung für Root Mean Square, Quadratisches Mittel, verwendet.)
In ITU R P.372-12 (07/2015) wird zudem die Gleichung zum Umrechnen des Rauschmaßes Fa in Feldstärke an einem λ/2-Dipol im freien Raum angegeben, wie sie unter Berücksichtigung des Antennengewinns in dBi und Abzug der Kabelverluste in Noise-Test Version 5.0 und im NoiseReporter Verwendung findet. Das Diagramm in Bild 4 deckt den Frequenzbereich von 104 bis 108 Hz, d.h. 10 kHz bis 100 MHz für verschiedene Kategorien des Rauschens ab. Das minimal zu erwartende Rauschen wird durch die durchgezogenen Kurven dargestellt. Für atmosphärisches Rauschen aufgrund von Blitzen werden die minimalen Werte der zu erwartenden Stundenmediane als die Werte angenommen, die 99,5 % aller Stunden überschreiten, und die maximalen Werte als diejenigen, die 0,5 % aller Stunden überschreiten. Alle Tageszeiten, Jahreszeiten und die gesamte Erdoberfläche wurden berücksichtigt.


Bild 4: A: atmosphärisches Rauschen, Wert über 0,5 % der Zeit; B: atmosphärisches Rauschen, Wert in 99,5 % der Zeit überschritten; C: künstliches Rauschen (Man-made Noise), ruhiger Empfangsort; D: Galaktisches Rauschen; E: Städtischer Mittelwert, von Menschen verursachtes Rauschen (MMN); _____(*) minimal zu erwartender Rauschpegel
Vom Menschen verursachtes Rauschen (MMN)
Mittelwerte der vom Menschen verursachten Rauschleistung sind in Bild 5 für eine Reihe der bereits genannten typischen Außenumgebungen der ITU-R P.372 entnommen. Die Abbildung enthält auch eine Kurve für galaktisches Rauschen. In allen Fällen sind die Ergebnisse die lineare Variation des Medianwertes Fam mit der Frequenz f der Form:
Fam = c – d log f,
mit f ausgedrückt in MHz, c und d mit den in Tabelle 3 angegebenen Werten. Zu beachten ist, dass die Gleichung für Fam im Bereich von 0,3 bis 250 MHz für alle Umgebungskategorien mit Ausnahme der Kurven D und E, wie im Diagramm Bild 5 gezeigt, gültig ist.

Bild 5: Umweltkategorie: A: Stadt; B: Wohnen; C: ländlich; D: ruhig und ländlich; E: galaktisch

Maximal zulässige Störfeldstärken
Zwar liegen Mindestnutzfeldstärken für den Rundfunkempfang infolge des aus Qualitätsanforderungen höheren Schutzabstandes (Protection Ratio) über denen des Amateurfunkdienstes. Aus den Daten der Radio services database CISPR/TR 31 [7] der International Electrotechnical Commission (IEC) wird jedoch deutlich, dass beide Funkdienste im Grundrauschen physikalisch zwangsläufig ihren gemeinsamen Bezugspegel maximal zulässiger Diese Grenzwerte für Störfeldstärken müssten für die Summe aller Störsignale (einschließlich der Störungen durch Rundfunksignale) eingehalten werden, um an einem beliebigen Empfangsort innerhalb des Versorgungsgebietes, z.B. auch in 1 m Entfernung zu TK-Anlagen und -Netzen, die Qualitätskriterien nach ITU-R zu gewährleisten [10]. Die maximal zulässigen Störfeldstärken folgen dabei dicht parallel dem Man-made Noise der Kategorie „Rural“, Ländliche Gebiete nach ITU-R P.372, zu erwartende Störungen für 9000 Hz Messbandbreite. Bezugsrauschzahl des DARC-ENAMS Messprotokolls Bild 2, kalibriert in dB über dem zu erwartenden Man-made Noise der ITU-Rural-Umgebung.
Nutzsignale sind keine elektromagnetischen Störungen
Dabei zu beachten ist, dass die im EMVG auf der Grundlage der EU-Richtlinie betrachteten elektromagnetischen Signale nicht die Signale beinhalten, die beim Betreiben eines Gerätes erwünscht und erforderlich sind. Das Gerät muss diese erzeugen dürfen, ansonsten kann es nicht arbeiten. Beispielsweise werden die innerhalb der erforderlichen Bandbreite und der zulässigen Strahlungsleistung liegenden elektromagnetischen Aussendungen von Sendefunkgeräten vom Anwendungsbereich des EMVG nicht erfasst. Elektromagnetische Störungen können sich deshalb nur auf ein natürliches Phänomen oder ein unerwünschtes Signal beziehen, nicht aber auf ein Nutzsignal [11]
Hilfsmittel zum Prüfen der zu erwartenden elektromagnetischen Störungen
Ob die Mindest-Störfestigkeit eines Betriebsmittels an einer Empfangsfunkanlage gemäß § 4 Nummer 2 EMVG zum bestimmungsgemäßen Betrieb gegeben ist, lässt sich recht praktisch in zwei Schritten mit einem handelsüblichen, kalibrierten Software-Defined Radio-Empfänger (SDR) in Verbindung mit „NoiseTest“ Version 5.0 (von DJ6AN) bzw „NoiseReporter“ (von DL9KCE) auf dem PC auswerten. Sowohl „NoiseTest“ 5.0 als auch „NoiseReporter“ können hierzu von der Webseite des DARC-EMV-Referates einschließlich Anleitung kostenfrei heruntergeladen werden [12]. Die werksmäßig in dBm und S-Werten kalibrierte Effektivwert-Anzeige des SDRuno (Bild 7), die übersichtliche spektrale Darstellung mit Betrachtungsbreiten von bis zu 10 MHz in Messbereichen von 1 kHz bis 2 GHz, der 14 Bit A/D-Wandler, das Wasserfalldiagramm und die Möglichkeit, Feldstärkeverlaufsprotokolle über Tage hinweg aufzuzeichnen, die allein vom Speicher Vorrat (RAM) des PC abhängig sind, sprechen für sich! Testinformationen zu anderen Geräten als SDRplay RSP1A sind im FUNKAMATEUR 10/19, S. 930ff. nach- zulesen [13]. Zudem sind drei Pegelwerte gleichzeitig ablesbar. Unter dem grünen S-Meter- Balken werden in diesem Beispiel für die vorgewählte 250 Hz CW-Messbandbreite Bild 7 bei 3608,98 kHz, p = –94,1 dBm MMN angezeigt, während in „gelb“ an der Cursormarke bei 3610,449 kHz für 16,95 Hz FFT RBW p = (–106) dBm abzulesen sind und auf der Ordinate am linken Bildrand der gesamte Pegelbereich des Cursors zur Verfügung steht. Das logarithmische Rauschleistungsverhältnis zwischen an- gezeigter CW-Filterbandbreite und FFT- RBW ist bei Dp = 10log(250 Hz/16,95 Hz) mit 0,2 dB Ablesefehler wohl kaum zu beanstanden

Bild 6: Testaufbau für das in Bild 7 gezeigte Pegelbild des RSP1A.

Bild 7: Die Zoom-Funktion des RSP1A ermöglicht hier zum Beispiel, einen Skalenausschnitt (Span) von 8,7 kHz in Bildschirmbreite zu betrachten

Bild 8: Bildschirmdetail zum SDRplay RSP1A. [PLAY] startet oder Stoppt den Empfang. [RMS] schaltet um zwischen dBm – Peak oder Effektivwertanzeige. „MODE“ Modulationsarten- und Bandbreitenauswahl
Feldstärkemessung vornehmen
Folgende vier Parameter der SDR-Empfangsfunkanlage sind in NoiseTest V5.0 bzw. NoiseReporter mittels PC-Tastatur einzugeben (Bild 9).
1. Der Empfangspegel am 50-V-Antenneneingang, kalibriert in dBm effektiv (RMS),
2. die Empfangsfrequenz in MHz,
3. die verwendete Rausch-Messbandbreite in Hz ohne Nutzsignalinhalte und
4. der Freiraum Antennengewinn in dBi abzüglich Kabelverlust.
- NoiseTest 5.0 (DJ6AN) zeigt mit diesen Eingaben die Feldstärke auf dem PC-Bildschirm in dB(µV/m) sowohl numerisch und
- im Säulendiagramm für das aktuell ander Antenne vorhandene Man-made Noise als Säule 1 (grau gerastert) an und ermöglicht so besonders anschaulich
- den Vergleich mit den nach § 4 Nummer 2 EMVG zu erwartenden Feldstärken der elektromagnetischen Umgebungen entsprechend Säulen 2 (rot) bis Säule 5 (blau)
- Durch Umschalten auf den zweiten Bildschirminhalt (Bildrand links unten, ITU-R Pegelbild) wird es möglich, die für 9000 Hz Bandbreite berechneten Datenauf einem Diagramm E/dB(µV/m), (f/MHz) abzulesen (Bild 14)
Die Messbandbreite des SDR ist zur Verwendung in NoiseTest 5.0 frei von Nutzsignalresten z.B. mit CW-Bandbreite 250 Hz zu wählen. Die berechnete Feldstärke wird für b = 9000 Hz Normbandbreite in E/dB(µV/m) angezeigt. Mittels NoiseReporter (DL9KCE) erfolgt die Feldstärke-Anzeige als Messpunkt im Diagramm E/dB(µV/m) entlang der ITU-Referenzpegel zu erwartender Feldstärken entsprechend Bild 10. Messergebnisse, die auf eine andere als die Messbandbreite (z.B. 9000 Hz für f< 30 MHZ) umgerechnet werden sollen, können mittels Anklicken des Feldes [x] auf „correct measurement to new bandwidth“ umgeschaltet werden

Bild 9: NoiseTest

Bild 10: Bildschirmdetail zu NoiseReporter (von DL9KCE). Gleiche Empfangsdaten wie bei Bild 9. Der Messpunkt E = –10,4 dB(µV/m) entspricht der Messbandbreite von b = 250 Hz. Der Messpunkt E = 5,1 dB(µV/m) entspricht der Messbandbreite von b = 9000 Hz
Störspannungsmessungen ersetzen keine Feldstärkemessungen
Kurz zusammengefasst, werden die zu erwartenden elektromagnetischen Störungen ausführlich in der ITU-Empfehlung P.372, Radio Noise, als ITU-weit vereinbarte Zustände unserer elektromagnetischen Umgebung beschrieben. Doch seien aus gegebenem Anlass hier ein paar Worte zu Störspannungsmesungen an 50 Hz Netzspannungsinstallationen anstelle von Feldstärkemessungen angemerkt. Bild 11 zeigt als Beispiel ein Schaltungsdetail einer Elektroinstallation, das infolge hochfrequenter Gleichtaktströme zur Sendeantenne für elektromag netische Störungen wird.
Das zugehörige, mit 4nec2 berechnete Felddiagramm ist mit Bild 12 dargestellt. Wie insbesondere aus CISPR 16-4-4 bekannt, stehen Störspannungen auf elektrotechnischen Installationen über ein für Laborbedingungen individuell sehr kompliziertes Kopplungsmodell in Zusammenhang mit der zu erwartenden Feld stärke der elektromagnetischen Umgebung einer Funk-Empfangsantenne [14]. Bis zu zehn mitbestimmende Messparameter wären zu berücksichtigen, um reproduzierbar ortsbezogen zu den Störfeldstärken der elektromagnetischen Umgebung zu kommen, in der sich die Empfangsantenne tatsächlich befindet. Als unbestimmte Parameter seien genannt: die tatsächliche Feldstärke des Störsignals im Messabstand bei einer Prüfung, der tatsächliche Wert des Antennengewinns des Funkempfängers für das Nutzsignal, der tatsächliche Wert des Antennengewinns des Funkempfängers für das Stör signal, der tatsächliche Wert des Faktors, der die Dämpfung der Störfeldstärke auf seinem Ausbreitungsweg zur Position des Funkempfängers erfährt, wenn sich die Störung ohne Hindernisse durch den freien Raum ausbreitet, usw. bis hin zur tat sächlichen Polarisationsübereinstimmung zwischen der Störquelle und der Störsenke (Empfangsantenne)! Die Liste der möglichen Fehler einer Störspannungsmessung anstelle einer Feld stärkemessung möchte ich hier abbrechen und abschließend ein Messbeispiel aus der Praxis beifügen, mit dem in CISPR16-4-4 besonders deutlich gezeigt wird, welche nicht hinnehmbaren Toleranzen bei einer Störspannungsmessung anstelle einer korrekten Feldstärkemessung im Problemfeld einer elektromagnetischen Unverträglichkeit zwangsläufig zu Fehlentscheidungen bei der Abwägung der Interessen der Beteiligten führen müssen. Bild 13 aus CISPR 16-4-4 zeigt ein Beispiel für die Ergebnisse von Messungen der magnetischen Störfeldstärke (H-Feld, umgerechnet in E-Feld unter Verwendung der Freiraum-Wellenausbreitungsimpedanz Z0), die durch eine Differenzspannung von 108 dBµV (b = 9 kHz) erzeugt wird, die in ein Dreiphasen Wechselstromnetz zwischen zwei Pha senleitungen eingespeist wird. Die rote Linie zeigt die 80-prozentige Feldstärke an, d.h. mindestens 80 % aller Messergebnisse sind mit einer Sicherheit von 80 % niedriger als der Wert der roten Linie. Die Ergebnisse basieren auf Messungen an 160 Punkten in einer Entfernung von 3 m von Gebäuden und Umspannwerken. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht immer mit dem Abstand zu den Kabeln des Stromnetzes identisch ist.


Bild 13: Vergleichsdaten der Störfeldstärke zu Störspannung an 160 Messpunkten in 3 m Entfernung von Gebäuden einschließlich Umspannwerken

Bild 14: NoiseTest 5.0, Feldstärkeübersicht elektromagnetischer Umgebungen, aufrufbar über „Button“ [ITU-Pegelbild] Bildschirm links unten
Zum guten Schluss
Durch die Vollzugsordnung für den Funkdienst – ITU Radio Regulations, die für alle Mitgliedstaaten der Internatio nalen Fernmeldeunion verbindlich sind [9] gelten die Empfehlungen der ITU-R P.372 bis heute als Referenzpegel für das Normenwesen und für die Mindest nutzfeldstärken der Funknetzplanung. Obwohl marktwirtschaftliche Begehrlichkeiten dafür sprechen könnten, die be währten, zu erwartenden ITU-R P.372 MMN Referenzpegel neu zu definieren, würde sich dies sofort auch auf den HF-Schutzabstand (Protection Ratio) nach CISPR/TR 31 [7] für alle Nutzsignale aus wirken, was zur Folge hätte, betroffene Funknetzplanungen zu revidieren und die Sendeleistungen der Sendefunkstellen entsprechend anheben zu müssen. Beschaffungskosten für leistungsstärkere Sendeanlagen und höhere Betriebskosten wären die Folge; ganz zu schweigen, dass unzählige zurzeit schon latente elektromagnetische Unverträglichkeiten in der elektromagnetischen Umgebung der Sendefunkstellen zu Problemfällen aufgeweckt würden!
Literatur und Bezugsquellen
[1] ENAMS Electrical Noise Area Monitoring System: www.darc.de/der-club/distrikte/s/emv/
[2] Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit (EMVG):
www.gesetze-im-internet.de/emvg_2016/EMVG.pdf
[3] Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz – AFuG 1997):
www.gesetze-im-internet.de/afug_1997/AFuG_1997.pdf
[4] SDR Uno Manual: www.sdrplay.com/docs/SDRplay_SDRuno_User_Manual.pdf
[5] Deutscher Bundestag, Drucksache 19/3837: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/038/1903837.pdf
[6] ITU-R P.372-14 (08/2019) Radio noise, Radiowave propagation:
www.itu.int/dms_pubrec/itu-r/rec/p/R-REC-P.372-14-201908-I!!PDF-E.pdf#page=1&zoom=auto,-214,842
[7] Radio services database, CISPR/TR 31: www.iec.ch/emc/database/
[8] Free access to ITU-R and to most „in force“ ITU-T Recommenda-
tions: www.itu.int/en/publications/Pages/default.aspx
[9] Verbindlichkeit der ITU-Radio-Regulations, VGH Baden-Würt-
temberg, Urteil vom 3. Juli 2014, Az. 1 S 234/11: https://openjur. de/u/710673.html
[10] Institut für Rundfunktechnik, Anhörung zum Entwurf der
Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung: www.janson-soft.de/seminare/dh7uaf/irt.pdf
[11] EUROPEAN PARLIAMENT 2011/0351(COD) AMENDMENT 31:
www.europarl.europa.eu/RegData/commissions/imco/amendments/2012/491172/IMCO_AM%282012%29491172_EN.pdf
[12] Hilfsmittel zur Funkstörungsbearbeitung: www.darc.de/der-club/referate/emv/emv-abhilfemassnahmen
[13] Zeitschriften » FUNKAMATEUR: www.box73.de/index.php?cPath=33_316_53
[14] CISPR 16-4-4 Technical Report: Specification for radio disturbance and immunity measuring apparatus and methods:
https://webstore.iec.ch/preview/info_cispr16-4-4%7Bed2.0%7Den.pdf