6. FUNK.TAG in Kassel am 27.04.2024

 

Vortrag von Max Haas, DJ5IO anlässlich des 40-jährigen Bestehens des DARC OV Naila

 

Wie alles begann...
Wie fing es mit dem Amateurfunk hier im früheren Landkreis Naila überhaupt an? Diese Frage wurde mir hier und da gestellt. Kurz vor unserem 40-jährigen OV-Jubiläum bat man mich, etwas aus der Anfangszeit zu erzählen.
Als einer der letzten Zeitzeugen möchte ich mich gerne hierzu äußern.

Anfang der fünfziger Jahre herrschte allgemeine Aufbruchstimmung in Deutschland. Eigeninitiative war gefragt, man improvisierte, auch im Amateurfunk. Das neue Gesetz über den Amateurfunk, das der Wirtschaftsrat am 14. März 1949 verabschiedet hatte, war gerade 5 Jahre alt.
Im Jahre 1954 - also heuer vor 50 Jahren - wurden einige junge Leute, die gerade die Volksschule verlassen hatten, von einem Bazillus befallen, dem man nachsagte, dass er einen ein Leben lang nicht mehr verlässt. Hermann Spitzner, ein Spielkamerad und Schulfreund von mir, machte mich eines Tages darauf aufmerksam, dass er im Kaufhaus Giesübel in Hof - später wurde es in Kaufhof umbenannt - eine Ausstellung des OV Hof besucht hatte. Dabei konnte er eine Amateurfunkstation die auf dem 40m Band Betrieb machte bestaunen. Wir stellten fest, dass das 40 m Band sich auch auf unseren Rundfunkempfängern befand. Ich versuchte nun auf einem Nordmende Radio die ersten Stationen abzuhören. Hauptbetriebsart war neben AM, was wir verstehen konnten, natürlich CW, was wir aber noch nicht entziffern konnten. Unser damaliges 40 m Band ging zwar noch bis 7150 KHz, musste aber auch mit Rundfunkstationen geteilt werden. SSB kam erst ganz langsam auf und wurde erst nach 1960 populär.Der alte Nordmende Radio hatte im KW-Bereich keine Bandspreizung, so war der Abstimmbereich, wo wir Amateurstationen fanden, in der Tat nur etwa 4mm breit. Beim Empfang kam oft auch noch das Überlagerungspfeifen benachbarter Stationen hinzu sowie QRN im Sommer. Also ein wahrer Ohrenschmaus.Die jungen Leute, wie Eingangs erwähnt, waren Hermann Spitzner - er ging später unseren eingeschlagenen Weg nicht mehr mit - Georg Schade, sowie Jürgen Wunderlich und ich. Den Funkbazillus fingen wir uns dann endgültig in Naila ein. Nach der Volksschule musste man ja auch noch die Berufsschule in Naila für drei Jahre besuchen.Auf dem Weg dorthin musste man auch das Radiogeschäft von Rudolf Herpich passieren. Das Schaufenster von Rudi enthielt einige interessante Geräte, sowie viele Elektroeinzelteile für den Bastler, wie z.B. Drehkos, Röhren, Kondensatoren, Widerstände. Wir jungen Leute hatten, wie man so sagt "Feuer gefangen". Georg und Hermann waren oft nach der Schule bei Rudi im Radioladen. Für die Funkerei hatte Rudi viel übrig, er war im Krieg Bordfunker in einem Kampfflugzeug gewesen. So hatte man schnell die gleichen Interessen erkannt und auf dieser Basis konnte man weiter aufbauen. Georg kam auf die Idee, nachdem man sich entsprechende Bauanleitungen besorgt hatte, einen 0V1 zu bauen. Gesagt getan. "Schorsch" hatte bald einen RX auf die Beine gestellt. Der Bandwechsel geschah noch mit eigens bewickelten 5-poligen Keramik Steckspulen. (Kürzlich warf ich einen Blick in Georgs altes Hörerlog. Erinnerungen wurden wach.) Kurz darauf baute auch ich mir einen 0V1 mit der Röhre ECL 113. Unsere Hörerzeit begann.
Ab August 1955 traten Schorsch, Rudi Herpich und ich in den DARC ein. DJ2EG, OM Hofmann, ein gebürtiger Selber, brachte uns mit OM Karl Fritsch, DL1EG, dem OVV von B 15 zusammen. Dieser nahm uns in den OV Selb auf.
Es folgte jetzt eine Zeit, wo wir "3 Lichtenberger" einmal die Woche am Freitag, egal ob Sommer oder Winter, bei Rudi in Naila Technik, Betriebstechnik, Gesetzeskunde sowie vor allem Morsen lernten. Man traf sich im Hinterzimmer der Gaststätte der Brauerei "Wohn" am Marktplatz, schräg gegenüber der Kirche. Der Wirt hieß Schneider und wir waren gern gesehene Gäste. Nach Naila kamen wir entweder mit dem Fahrrad oder wir liefen zu Fuß über den Höllberg zum Bahnhaltepunkt Höllental und von da mit der Dampflok nach Naila. Bei Kursende um 22 Uhr ging es denselben Weg wieder retour. Die Begeisterung bei uns Jugendlichen war groß und wir machten Fortschritte.
Aus Georgs "kleiner Chronik" entnehme ich folgende Aufzeichnungen:
2.-4.8.1957: Max und ich besuchen das Deutschlandtreffen der KW-Amateure in Coburg." Mein Konterfei ist auf der damaligen Clubzeitschrift DL-QTC, Heft 9/1957 zu sehen. Zusammen mit Hans, DJ3NM sitze ich an der. Tagungsstation DL0BN in der "Rückert-Schule". Unter dem 9. Juni.1958 vermerkt "Schorsch": "Max möchte seinen im Bau befindlichen Sender heuer noch fertig bringen."
Ebenfalls im Jahr 1958 erwarb ich einen BC 348. Dies war ein amerikanischer RX der aus Militärbeständen stammt. Überhaupt befand sich viel Surplusmaterial vom Krieg her im Handel, ob aus deutschen oder amerikanischen Militärbeständen. Jürgen hatte z.B. eine deutsche Panzerfunkstation, die das 10m Band beinhaltete, erworben. (Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich damit QSO's mit Libyen hatte.) Diese Geräte hießen "Cäsar" für den Sender und "Emil" für den Empfänger. Fast jeder OM hatte damals Militärfunkgeräte im Shack stehen. Das folgende Jahr 1959 brachte für Georg und mich die Erfüllung eines langgehegten Traumes. Die Ameteurfunklizenz. Meine Lizenzurkunde war keine 7 Tage alt, da beteiligten wir uns am europäischen Field-Day in Telegrafie. Standort war Eichenstein, im Garten von Frau Deffner, dem heutigen Gasthaus Eichenstein, bauten wir unser Stationszelt auf.
Der damals 13-jährige Heiko Weibrecht fand den Amateurfunk auch recht spannend und er schloss sich uns an. Er erhielt später das Call DB7UK bzw. DL5NAG. Heiko war ebenfalls Gründungsmitglied. Leider musste er viel zu früh Taste und Mikrofon aus der Hand legen. In den folgenden Jahren beteiligten wir uns jeweils regelmäßig an den stattfindenden Field-Days. Standorte waren der "Lichtenberger Schlossbergturm" (hier gäbe es so manche Episode zu erzählen) sowie die "Frankenwarte" bei Steinbach und später dann auch der Döbraberg von dem wir hauptsächlich auf 2m QRV waren. Der dort befindliche "Prinz Luitpold Turm" war für unsere UKW Antennen ein ufb Antennenmast von 18m Höhe. Unterstützung erhielten wir von den amerikanischen OM´s Terry Wolfley, DL5KL, sowie unseren unvergessenen Jeck Hermann, DL4XS, die ihr QRL an der Radarstation hatten. Rudi, DL3IX, hatte einen guten Draht zur Bundeswehr. Diese unterstützte uns tatkräftig. Diese Tatsache möchte ich hier ausdrücklich einmal hervorheben. Im Rahmen einer Übung wurde uns ein Mannschaftszelt aufgebaut. Entweder wir bekamen den Strom von der Radarstation oder man stellte uns ein Dieselaggregat bereit. Ich möchte noch eine persönliche Erfahrung kund tun. Von Anfang an war meine Hauptbetriebsart die "Telegrafie". Ihr halte ich immer noch die Treue. Tasten gibt es bei mir genug, hi.
Ihr verdanke ich im Laufe der Jahrzehnte so manche Rarität. Hier darf ich 2 QSO´s mit König Hussein von Jordanien, JY1, sowie ebenfalls 2 QSO´s mit Ernst Krenkel, RAEM, erwähnen. Zu unserer Zeit war des Abhören der Bänder nach seltenen DX Raritäten das A und 0 des Erfolges. Sehr viel Zeit musste da investiert werden. Das war noch echte DX Jagd. Die Zeiten haben sich stark geändert. Heute dominieren die "Kilowatts". Mit mancher DX Station, ich erinnere mich gerne an FB8XX oder FB8YY, konnte man noch längere OSO's fahren, die bis zu 10 Minuten dauerten. Heute undenkbar.Packet Radio und Internet tragen auch dazu bei, das sich schnell ein Pile-up bildet. Der Andrang vieler Stationen führt oft zu unschönen Ausschreitungen. Den Amateurfunk vergangener Tage bin ich insofern treu geblieben, als das ich immer noch mit einfachen Drahtantennen sowie Groundplane und ohne "Kilowatt" funke.
Es geht nun mit schnellen Schritten der Gründung des OV Naila entgegen, wir schreiben das Jahr 1964. Manch lieb gewordener OM ist nicht mehr unter uns. Mit Dankbarkeit gehen meine Gedanken zurück an die Anfangszeit. Die Faszination "Funk" hat mich ein Leben lang nicht los gelassen, sie wird mich auch weiterhin begleiten. Meine "Amateurfunk-Bibel", "Der Kurzwellenamateur" von Karl Schultheiss, DL1QK, aus dem Jahr 1957 besitze ich noch immer. Wenn ich auf 45 Jahre ununterbrochene Amateurfunktätigkeit zurückschaue, so war dies eine schöne, spannende und sogleich erlebnisreiche Zeit. Ich schreibe gerade mein 28. Logbuch voll. Der uns 1954 mit großer Heftigkeit befallene "Bazillus" hat sich als äußerst hartnäckig und nicht therapierbar, bis auf den heutigen Tag, erwiesen.

Max Haas, DJ5IO
Juli 2004

Das DL-QTC (Vorgänger der heutigen Clubzeitschrift CQ-DL) September 1957.
Das Titelbild zeigt DJ3NM an der Taste und daneben unser OV Mitglied Max Haas, DJ5IO. Sie arbeiteten an der Clubstation DL0BN (damals Bayern Nord) die anlässlich des Deutschlandtreffens des DARC vom 02.-04.08.1957 in Coburg qrv war.

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