Elektromagnetische Verträglichkeit EMV

    Elektromagnetische Verträglichkeit EMV

      Salopp ausgedrückt, müssen elektrische Geräte so gebaut sein, dass sie
      - in einem definierten Maß störende Beeinflussungen vertragen
      - störende Ausstrahlungen auf ein definiertes Höchstmaß begrenzen

      In der Praxis funktioniert das in den meisten Fällen. Manchmal sind jedoch Maßnahmen erforderlich, die bis zur Außerbetriebnahme von Geräten oder Anlagen führen können. Wir haben es hier mit einem hohen Konfliktpotential zu tun und die Erfahrung zeigt, dass Recht haben und Recht bekommen unterschiedliche Dinge sind. Es ist deshalb zweckmäßig, Konflikte zu deeskalieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

      Deshalb gilt: Elektromagnetische Verträglichkeit hat in besonderem Maße mit zwischenmenschlicher Verträglichkeit zu tun.

      Wenn die kontaktlosen Nachttischlampen des Nachbars im Takt der Telegrafiesendung ein- und ausschalten, ist es wenig hilfreich, ihm klar zu machen, dass er Schrott gekauft hat. Umgekehrt, wenn sein neuer Plasmafernseher die Benutzung des 80m-Bands unmöglich macht, kann man ihn natürlich gerichtlich dazu zwingen, das Gerät außer Betrieb zu setzen. Bei der nächsten Störung wird er dann aber ebenfalls wenig kompromissbereit sein.

      Ergo: Stelle Dich gut mit Deinem Nachbarn. Du brauchst ihn und er braucht Dich.

      Der Nachbar wird gestört

      Wenn man seltsame Störungen bei seinen Elektrogeräten hat und es gibt in der Nachbarschaft einen Antennenwald, ahnt man schnell, woher die Störungen kommen können. Nun steht Ihr Nachbar in der Tür und beklagt sich. Natürlich wollen Sie ihm helfen. Dazu muss festgestellt werden, ob die Störungen wirklich von Ihnen kommen und unter welchen Umständen sie auftreten. Hier ist es erforderlich, dass der Nachbar die Störungen protokolliert und dass Sie dieses Protokoll mit dem Stationstagebuch vergleichen. Auf welchen Bändern treten die Störungen auf? Bei welchen Betriebsarten? Zu welchen Zeiten? Bei welcher Antennenrichtung? Hierzu kann es hilfreich sein, mit Testaussendungen die Störungen zu verifizieren.
      Wenn der Zusammenhang festgestellt ist, sollten Sie dem Nachbarn bei der Entstörung helfen. Überlegen Sie, wie die Störungen erzeugt werden. Meist werden in den Niederspannungsleitungen hochfrequente Spannungen induziert, die von der häuslichen Elektronik nicht verkraftet werden.

      Wenn z.B. der Internetrouter ("Fritzbox") reproduzierbar abschmiert, kann die Störung
      - über eines oder mehrere der Netzwerkkabel
      - über das DSL-Kabel
      - Über das Telefonkabel
      - Über die Spannungsversorgung
      eingefangen werden. Versuchen Sie, durch systematisches Abziehen von Kabeln das störende Kabel zu finden. Entstören Sie dieses Kabel mit Klappferriten. Gerne übersehen wird die Möglichkeit, dass das Steckernetzteil gestört wird. Hier ist ein kurzes entstörtes 230V-Adapterkabel nützlich.

      Es gibt kein Universalrezept - Sie müssen improvisieren. Um entsprechendes Material zur Hand zu haben, sollten Sie auf OV-Ebene überlegen, einen Kasten mit Entstörmatierial zu beschaffen. Seien Sie dem Nachbarn gegenüber konstruktiv, aber keinesfalls überheblich und auch nicht devot. Überlegen Sie auch, ob es möglich ist, durch bestimmte selbst auferlegte Betriebsbeschränkungen die Situation vorläufig zu entschärfen. Wenn der Nachbar nicht mehr fernsehen kann, wird er nicht warten wollen, bis Sie >irgendwann< die Störung beseitigen.

      Sie werden gestört

      Während ein Funkamateur dank seines Antennenwaldes schnell als potentieller Störer identifiziert ist, kann die Suche nach Störungsquellen auf den Amateurfunkbändern sehr schwierig sein.
      - Nicht jede Störung ist eine Störung. Wir vergessen gerne, dass wir nicht auf allen Amateurfunkbändern Exklusivstatus besitzen. Wo das nicht der Fall ist, müssen wir den Betrieb von kommerziellem, militärischem, etc. Funkbetrieb hinnehmen.
      - Bei gewissen Störungen (Überhorizontradar, Rundfunkstationen) haben wir als Einzelpersonen keine Handhabe. Machen Sie sich schlau bzw. informieren Sie sich beim "IARU Region 1 Monitoring System" (Hyperlink: www.iarums-r1.org). Dort finden Sie auch Informationen zur Bandwacht des DARC.
      Wenn Sie nun eine Störung als solche identifiziert haben, gilt es, die Störung zu protokollieren und die Störquelle zu lokalisieren. Auf welchen Bändern tritt die Störung wie auf? (Z.B. "Im 80- und im 40m-Band als Pfeifstörung im 4kHz-Raster.") Zu welchen Zeiten tritt die Störung auf? Wenn die Störung nur Abends auftritt, ist als Störquelle eine Beleuchtungseinrichtung wahrscheinlich. Es hilft nicht, wenn der Meßtrupp der Bundesnetzagentur um 14 Uhr eintrifft und keine Störung feststellt.
      Als erstes sollten Sie sich fragen, ob die Störung aus Ihrem eigenen Haushalt kommt. Das ist übrigens auch das Erste, was die Bundesnetzagentur untersucht. Um peinliche Situationen zu vermeiden, schließen Sie an Ihre Antenne einen batteriebetriebenen Empfänger an und machen sie dann das gesamte Haus (bzw. den Haushalt) stromlos. Wirklich stromlos. Fünf Minuten reichen. Ist die Störung dann weg, untersuchen Sie systematisch Stromkreis für Stromkreis in Ihrem eigenen Haushalt.
      Kommt die Störung nicht aus Ihrem Haushalt, wird es schwierig. Sie benötigen einen Peilempfänger. Leihen Sie sich im OV einen Peilempfänger aus. Ist keiner vorhanden, können Sie sich leicht behelfen. Wie das geht, steht z.B. in cq-DL, Heft 4/2019, S. 35 ("Empfangsstörungen peilen").
      Meist sind diese Störungen beim Verursacher über dessen Stromnetz verwaschen, also nicht scharf abzugrenzen. Wenn Sie das Gebäude identifiziert haben, sollten Sie dort vorsprechen und das Problem freundlich ansprechen. Jemanden gleich an der Eingangstür zur Sau zu machen, was leider schon passiert ist, hilft nicht weiter ("zwischenmenschliche Verträglichkeit"). Die meisten Leute sind überrascht, es ist ihnen unangenehm und sie sind durchaus zur Abhilfe bereit.
      War evtl. eine genauere Peilung möglich? ("Oben links") Wurde ein neues Gerät angeschafft?
      Häufige Verursacher von Störungen sind:
      - Steckernetzteile von LED-Lichtquellen
      - Schaltwandler von Photovoltaikanlagen
      - PLC-Modems
      aber auch
      - defekte Isolatoren an Hochspannungsleitungen
      - die Elektronik von Windkraftanlagen

      Wenn Sie das Problem lösen konnten, melden Sie es bitte trotzdem Ihrem EMV-Referenten!

      Wenn Sie nicht weiterkommen, schalten Sie die Bundesnetzagentur ein. Die BNetzA hat bessere Peilmöglichkeiten. Ist der Verursacher unkooperativ, hilft es auch oft, wenn eine Amtsperson anklopft.

      Wann immer Sie die Bundesnetzagentur einschalten, muss der EMV-Referent informiert und auf dem Stand gehalten werden. Während die Bundesnetzagentur in unserem Distrikt bisher immer sehr professionell auftrat und eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung erreichte, war das in anderen Regionen Deutschlands nicht immer so. Sie sollten deshalb sicherheitshalber immer um ein Aktenzeichen bitten und Ihren Fall aktiv nachverfolgen, um ggf. einschreiten zu können. Bei Problemen hilft Ihnen das EMV-Referat.

      Manchmal kommt auch die BNetzA nicht weiter. In solchen Fällen sollten Sie unbedingt das EMV-Referat kontaktieren BEVOR Sie zivilrechtliche Schritte einleiten. Anwälte und Richter haben kein Fachverständnis und ein schlecht vorbereitetes Verfahren kann zum Bumerang werden.

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